Aufbruch Leipzig – Oktober 89 (1990) und Leipzig im Herbst (1990)

21. Oktober 2015, 22:00 Uhr - 21:59 Uhr

Alle unsere Träume: Die Dokumentarfilme
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Im Leipziger Herbst zwischen Angst und Euphorie. Die Träume und verlorenen Illusionen von Leipziger Straßenkehrern, Potsdamer Abiturienten und märkischen Ziegelbrennern. Neue bunte Wirklichkeit rund um die Eisenbahnstraße. Dokumentarfilme fangen den Umbruch und seine Folgen in Leipzig ein.
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Aufbruch Leipzig – Oktober 89 (1990) von Georg Kilian
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Im Oktober 1989, als in Leipzig die politische Lage in blutige Gewalt umzuschlagen droht, dokumentiert Georg Kilian in fesselnden Gesprächen den Aufbruch in eine neue Zeit. Die Bilder vom Massaker am 4. Juni in China sind noch lebendig, ein Leserbrief eines Kampfgruppenkommandeurs in der Leipziger Volkszeitung droht damit, notfalls mit Waffengewalt den Sozialismus zu verteidigen. Die zum Teil bis heute bekannten Interviewpartner aus den Bereichen Wissenschaft, Kultur und Kirche sprechen von ihrer Hoffnung und ihrem Enthusiasmus, den Zweifeln und Ängsten. Eine absolut sehenswerte Dokumentation, die dem Zuschauer viel vom Geist dieser Zeit vermittellt. Zu Wort kommen Hans-Wilhelm Ebeling, Pfarrer der Thomaskirche, der wenige Monate später Politiker, Parteivorsitzender der neu gegründeten DSU und Minister in der Regierung von de Mazière wird, und Rolf-Michael Turek, Pfarrer der Markus-Kirchgemeinde. Arno Rink, Rektor der Hochschule für Grafik und Buchkunst – bis ins neue Jahrtausend prägt er diesen Ort, einer seiner berühmtesten Schüler ist Neo Rauch. Schauspielerin Christa Gottschalk, Grande Dame des Leipziger Theaters, und die Kabarettisten Gunther Bönke und Bernd-Lutz Lange berichten von ihren Erfahrungen. Letzterer wird bekannt durch den Aufruf der Leipziger Sechs zu Besonnenheit und Dialog, am 9. Oktober über Stadtfunk verbreitet, gelesen von Kurt Masur. Weitere zu Wort kommende Zeitzeugen sind Prof. Karl Czok, Historiker, Prof. Dr. Karl-Friedrich Lindenau, Herzchirurg an der Karl-Marx-Universität, Dr. Gert Wohllebe, Generaldirektor des VEB Chemieanlagenkombinats Leipzig-Grimma und Thomas Hendrich, Meister im Drehmaschinenwerk Leipzig sowie Kampfgruppenmitglied.
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Leipzig im Herbst (1990), von Andreas Voigt
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Demonstrationen und Diskussionen in Leipzig zwischen dem 16. Oktober und 7. November 1989. Interviews mit Teilnehmern der Massendemonstrationen, Gespräche mit den Müllmännern, die Banner und Plakate entfernen müssen – und dann doch gestehen, dass sie die darauf geschriebenen Forderungen berechtigt finden. Die aufgezeichneten Debatten unter Kollegen in den Betrieben spiegeln das Denken und Fühlen in der Anfangsphase des gesellschaftlichen Umbruchs wider. Zur Einschätzung der Lage äußern sich Vertreter des Neuen Forums, Theologen, Volkspolizisten, ihre Vorgesetzten und Staatsfunktionäre. Damals festgenommene Demonstranten zeigen nach ihrer Freilassung die Pferdeställe, in denen sie mit zig anderen zusammengepfercht 20 Stunden und mehr auf nacktem Betonboden stehend warten mussten. Ein junger Wehrpflichtiger, der auf Seiten der Volkspolizei zum Einsatz kommt, bekennt: „Ich habe mich unheimlich geschämt, für diese Misspolitik, die hier gemacht wurde, meine Person herzugeben … als Polizist diese Politik zu verteidigen, obwohl das gar nicht in meinem Sinn war.“Nicht mal ein Dutzend DEFA-Dokumentarfilmer klemmen sich in diesen entscheidenden Tagen die Kamera unter den Arm und sammeln Material von der Wende. Voigt, Kroske und Richter versehen ihre Kompilation dementsprechend mit dem Untertitel: „Ein Material“. Sie ist die erste und bis heute vermutlich umfassendste Dokumentation der Ereignisse um den 9. Oktober. Das Filmteam bleibt dicht am Geschehen – vielleicht könnte ihr Film noch einen Beitrag zum Wandel leisten. Doch die Wirklichkeit überholt sie. Der Film wird auf dem Dokumentarfilmfestival in Leipzig 1989 als erster Rückblick gezeigt. Bis heute bewahren die Bilder ihre Unmittelbarkeit und durch ihre Authentizität und Glaubwürdigkeit sollten sie immer mal wieder eingesetzt werden, wenn „Volkes Wille“ unter den Schutt der letzten Jahrzehnte gerät.
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